Militärtechnik
Die Ukraine baut Leichtflugzeuge in wiederverwendbare Bomber-Drohnen um
Die Sportflugzeuge können selbstständig Ziele bombardieren und nach dem Einsatz zurückkehren. Die russische Fliegerabwehr hat noch wenige Mittel dagegen gefunden
Leichte Sportflugzeuge werden von der Ukraine als Drohnen eingesetzt. Anfangs waren dies offenbar Kamikazedrohnen, mittlerweile können die Flugzeuge Bomben präzise abwerfen und nach Hause zurückfliegen.
Telegram
Die ukrainischen Streitkräfte setzen eine neue Form von Drohnen ein. Offenbar werden umgebaute zivile Kleinflugzeuge als improvisierte Bomber eingesetzt, wie russische Quellen bestätigten. Offenbar wurden die unbemannten Flugzeuge eingesetzt, um russische Militärstellungen mit alten Bomben aus Sowjetbeständen anzugreifen.
Dies geht aus einem Video hervor, das in russischen Telegram-Kanälen häufig geteilt wurde. Es zeigt den Blick durch Thermaloptik, vermutlich die eines Sturmgewehrs. Im Video ist zu sehen, wie russische Soldaten mit mehreren Sturmgewehren und mindestens einem Maschinengewehr das Feuer auf das Flugzeug eröffnen, es aber offensichtlich gar nicht oder unwirksam treffen. Das eindeutig zivile Flugzeug fliegt extrem tief und sehr langsam über die Stellungen hinweg, bevor eine Explosion zu hören ist. Laut russischen Kanälen soll eine Bombe erfolgreich abgeworfen worden sein.
Kleinflugzeuge zu Drohnen
Wenn die russischen Berichte stimmen, ist das die finale Bestätigung, dass die Ukraine in der Lage ist, Kleinflugzeuge zu Drohnen umzubauen und mit diesen präzise Bombenangriffe zu fliegen. Das ist umso erstaunlicher, da es sich bei der abgeworfenen Bombe um ein Modell handelt, das während des Zweiten Weltkriegs entwickelt wurde und dementsprechend über keine Steuerungsmöglichkeiten verfügt.
Angriff eines Leichtflugzeugs auf russische Militärstellungen [Februar 2025].
Alexander Raim
Gleichzeitig zeigt der Vorfall aber auch, dass die russische Fliegerabwehr einmal mehr deutliche Defizite aufweist. Durch den Flug in extrem niedriger Höhe und mit vergleichsweise geringer Geschwindigkeit kann das Flugzeug schwerer von Radar- und Raketensystemen erfasst werden, ist aber in Reichweite von Rohrwaffen. Dennoch gelang es dem offensichtlich ferngesteuerten Flugzeug, dem Beschuss zu trotzen und sein Ziel zu erreichen.
Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg
Die ukrainischen Streitkräfte setzen solche Drohnen bereits seit Monaten für strategische Angriffe auf russischem Gebiet ein. Ursprünglich als Kamikazedrohnen eingesetzt, sind die Flugzeuge mittlerweile wiederverwendbar. Ende Jänner warf eine solche Drohne eine 250-Kilogramm-Bombe FAB-250 auf die Ölpumpstation Nowosybkow in der russischen Region Brjansk ab. Die Bombe ist ein Modell, das während des Zweiten Weltkriegs entwickelt und 1946 in der Sowjetunion in Dienst gestellt wurde. Berichten zufolge wird auch leichtere Munition wie die Luftbombe OFAB-100-120 eingesetzt.
Doch wie gelingt es der Ukraine, mit günstigen Sportflugzeugen Präzisionsangriffe zu fliegen? Im Grunde setzen die ukrainischen Streitkräfte hierfür zwei Modelle ein: entweder das Ultraleichtflugzeug Best Off Skyranger Swift aus Frankreich oder die Aeroprakt A-22 Foxbat. Bei letzterem Modell handelt es sich um ein in der Ukraine selbst produziertes Flugzeug, das als Sportflieger im Kit zum Eigenbau um rund 90.000 Euro verkauft wird. Die Ukraine fliegt Angriffe mit derartigen Flugzeugen vor allem auf Ölraffinerien und das oft über hunderte Kilometer über russisches Territorium.
Eine Skyranger Swift wurde höchstwahrscheinlich zu einer Bomberdrohne umgebaut.
Skyranger
Die Skyranger Swift ist sogar noch günstiger und ab 50.000 Euro zu haben. Sie kann 300 Kilo Fracht transportieren, wobei 40 bis 60 Kilo für den Treibstoff reserviert bleiben müssen – was wiederum Kapazitäten für eine 250-Kilo-Bombe lässt. Offenbar versuchen die ukrainischen Streitkräfte das Maximum an Zuladung auszunutzen: In russischen Telegramkanälen kursieren darüber hinaus Fotos von Flugzeug-Drohnen, die noch kleinere Mörsergranaten mit an Bord haben.
Das Flugzeug kann mit einer Geschwindigkeit von bis zu 210 Kilometern pro Stunde fliegen und ist damit deutlich langsamer als ein Marschflugkörper oder eine ballistische Rakete. Bei früheren Angriffen wurde der Innenraum des Flugzeugs mit Sprengstoff befüllt und das Flugzeug wurde zur Kamikazedrohne. Mittlerweile können die Flugzeuge aber wiederverwendet werden, wenn sie es zur Basis zurückschaffen.
Komplexes Waffensystem
Auch wenn das Flugzeug auf den ersten Blick grob zusammengesetzt erscheint, handelt es sich doch um ein "ziemlich komplexes Waffensystem", erklärt Fabian Hoffmann, Sicherheitsforscher von der Universität Oslo gegenüber Business Insider. Schließlich muss das für menschliche Piloten entwickelte Flugzeug für den Einsatz als Drohne umgerüstet werden – das dann im Idealfall auch noch das Ziel trifft. Und wenn die Ukraine einen Korridor findet, der nicht von der Luftabwehr abgedeckt ist, kann die Drohne effektiv in russisches Gebiet eindringen, so Hoffmann. Außerdem könnte das Flugzeug aufgrund seiner Bauweise eher für ein ziviles Flugzeug als für eine Bedrohung gehalten werden. Dennoch: Einmal entdeckt, müssten die Drohnen eigentlich ein leichtes Ziel sein. Es scheint eher so zu sein, dass auf russischer Seite die Gegenmaßnahmen fehlen, so Hoffmann.
Im aktuellen Video ist darüber hinaus noch ein interessantes technisches Detail zu entdecken. Offenbar wurde das Flugzeug in einer eigenen Aufhängung mit einem fortschrittlichen Zielerfassungssystem ausgestattet.
Beim ukrainischen Defense Express fühlt man sich durch die kleinen, leichten Flugzeuge an die sogenannten Nachthexen erinnert. Diese ausschließlich aus weiblichen Piloten bestehende Einheit des sowjetischen Nachtbomberregiments flog in ihren hoffnungslos veralteten Doppeldeckern nächtliche Bombenangriffe auf Stellungen der Wehrmacht.
(pez, 6.3.2025)
Die Ukraine baut Leichtflugzeuge in wiederverwendbare Bomber-Drohnen um
Die Ukraine baut Leichtflugzeuge in wiederverwendbare Bomber-Drohnen um
Die Sportflugzeuge können selbstständig Ziele bombardieren und nach dem Einsatz zurückkehren. Die russische Fliegerabwehr hat noch wenige Mittel dagegen gefunden

Leichte Sportflugzeuge werden von der Ukraine als Drohnen eingesetzt. Anfangs waren dies offenbar Kamikazedrohnen, mittlerweile können die Flugzeuge Bomben präzise abwerfen und nach Hause zurückfliegen.
Telegram
Die ukrainischen Streitkräfte setzen eine neue Form von Drohnen ein. Offenbar werden umgebaute zivile Kleinflugzeuge als improvisierte Bomber eingesetzt, wie russische Quellen bestätigten. Offenbar wurden die unbemannten Flugzeuge eingesetzt, um russische Militärstellungen mit alten Bomben aus Sowjetbeständen anzugreifen.
Dies geht aus einem Video hervor, das in russischen Telegram-Kanälen häufig geteilt wurde. Es zeigt den Blick durch Thermaloptik, vermutlich die eines Sturmgewehrs. Im Video ist zu sehen, wie russische Soldaten mit mehreren Sturmgewehren und mindestens einem Maschinengewehr das Feuer auf das Flugzeug eröffnen, es aber offensichtlich gar nicht oder unwirksam treffen. Das eindeutig zivile Flugzeug fliegt extrem tief und sehr langsam über die Stellungen hinweg, bevor eine Explosion zu hören ist. Laut russischen Kanälen soll eine Bombe erfolgreich abgeworfen worden sein.
Kleinflugzeuge zu Drohnen
Wenn die russischen Berichte stimmen, ist das die finale Bestätigung, dass die Ukraine in der Lage ist, Kleinflugzeuge zu Drohnen umzubauen und mit diesen präzise Bombenangriffe zu fliegen. Das ist umso erstaunlicher, da es sich bei der abgeworfenen Bombe um ein Modell handelt, das während des Zweiten Weltkriegs entwickelt wurde und dementsprechend über keine Steuerungsmöglichkeiten verfügt.
Alexander Raim
Gleichzeitig zeigt der Vorfall aber auch, dass die russische Fliegerabwehr einmal mehr deutliche Defizite aufweist. Durch den Flug in extrem niedriger Höhe und mit vergleichsweise geringer Geschwindigkeit kann das Flugzeug schwerer von Radar- und Raketensystemen erfasst werden, ist aber in Reichweite von Rohrwaffen. Dennoch gelang es dem offensichtlich ferngesteuerten Flugzeug, dem Beschuss zu trotzen und sein Ziel zu erreichen.
Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg
Die ukrainischen Streitkräfte setzen solche Drohnen bereits seit Monaten für strategische Angriffe auf russischem Gebiet ein. Ursprünglich als Kamikazedrohnen eingesetzt, sind die Flugzeuge mittlerweile wiederverwendbar. Ende Jänner warf eine solche Drohne eine 250-Kilogramm-Bombe FAB-250 auf die Ölpumpstation Nowosybkow in der russischen Region Brjansk ab. Die Bombe ist ein Modell, das während des Zweiten Weltkriegs entwickelt und 1946 in der Sowjetunion in Dienst gestellt wurde. Berichten zufolge wird auch leichtere Munition wie die Luftbombe OFAB-100-120 eingesetzt.
Doch wie gelingt es der Ukraine, mit günstigen Sportflugzeugen Präzisionsangriffe zu fliegen? Im Grunde setzen die ukrainischen Streitkräfte hierfür zwei Modelle ein: entweder das Ultraleichtflugzeug Best Off Skyranger Swift aus Frankreich oder die Aeroprakt A-22 Foxbat. Bei letzterem Modell handelt es sich um ein in der Ukraine selbst produziertes Flugzeug, das als Sportflieger im Kit zum Eigenbau um rund 90.000 Euro verkauft wird. Die Ukraine fliegt Angriffe mit derartigen Flugzeugen vor allem auf Ölraffinerien und das oft über hunderte Kilometer über russisches Territorium.

Eine Skyranger Swift wurde höchstwahrscheinlich zu einer Bomberdrohne umgebaut.
Skyranger
Die Skyranger Swift ist sogar noch günstiger und ab 50.000 Euro zu haben. Sie kann 300 Kilo Fracht transportieren, wobei 40 bis 60 Kilo für den Treibstoff reserviert bleiben müssen – was wiederum Kapazitäten für eine 250-Kilo-Bombe lässt. Offenbar versuchen die ukrainischen Streitkräfte das Maximum an Zuladung auszunutzen: In russischen Telegramkanälen kursieren darüber hinaus Fotos von Flugzeug-Drohnen, die noch kleinere Mörsergranaten mit an Bord haben.
Das Flugzeug kann mit einer Geschwindigkeit von bis zu 210 Kilometern pro Stunde fliegen und ist damit deutlich langsamer als ein Marschflugkörper oder eine ballistische Rakete. Bei früheren Angriffen wurde der Innenraum des Flugzeugs mit Sprengstoff befüllt und das Flugzeug wurde zur Kamikazedrohne. Mittlerweile können die Flugzeuge aber wiederverwendet werden, wenn sie es zur Basis zurückschaffen.
Komplexes Waffensystem
Auch wenn das Flugzeug auf den ersten Blick grob zusammengesetzt erscheint, handelt es sich doch um ein "ziemlich komplexes Waffensystem", erklärt Fabian Hoffmann, Sicherheitsforscher von der Universität Oslo gegenüber Business Insider. Schließlich muss das für menschliche Piloten entwickelte Flugzeug für den Einsatz als Drohne umgerüstet werden – das dann im Idealfall auch noch das Ziel trifft. Und wenn die Ukraine einen Korridor findet, der nicht von der Luftabwehr abgedeckt ist, kann die Drohne effektiv in russisches Gebiet eindringen, so Hoffmann. Außerdem könnte das Flugzeug aufgrund seiner Bauweise eher für ein ziviles Flugzeug als für eine Bedrohung gehalten werden. Dennoch: Einmal entdeckt, müssten die Drohnen eigentlich ein leichtes Ziel sein. Es scheint eher so zu sein, dass auf russischer Seite die Gegenmaßnahmen fehlen, so Hoffmann.
Im aktuellen Video ist darüber hinaus noch ein interessantes technisches Detail zu entdecken. Offenbar wurde das Flugzeug in einer eigenen Aufhängung mit einem fortschrittlichen Zielerfassungssystem ausgestattet.
Beim ukrainischen Defense Express fühlt man sich durch die kleinen, leichten Flugzeuge an die sogenannten Nachthexen erinnert. Diese ausschließlich aus weiblichen Piloten bestehende Einheit des sowjetischen Nachtbomberregiments flog in ihren hoffnungslos veralteten Doppeldeckern nächtliche Bombenangriffe auf Stellungen der Wehrmacht.
(pez, 6.3.2025)