RAD Lager 3/342 Rainbach bei Freistadt

#1
Vielleicht von interesse:

Habe versucht den Standort zu erkunden und ein paar Fotos gemacht.

Doch vorher etwas zur Geschichte:

Nach dem Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland im März 1938 kam es zu radikalen Veränderungen. Als eine der Folgen des Anschlusses wurde im Herbst 1938 in Rainbach (jetzt Ortsteil Rainbach – Siedlung) mit dem Bau eines Reichsarbeitsdienstlagers mit acht Baracken begonnen. Die Grundstücke, auf denen das RAD-Lager errichtet wurde, gehörten dem Landwirt Stumbauer, vulgo Leopold, aus Rainbach. Eine kleinere Fläche von 2.160 m², die links der Zufahrt zum Lager lag, war Eigentum des Landwirtes Alois Röbl, vulgo Weissengruber, aus Apfoltern. Der größere Teil des Lagers mit dem Waldbestand, wurde von der Lagerleitung vom Landwirt Stumbauer gepachtet, da Stumbauer nicht bereit war, diese große Fläche zu verkaufen. Der schmale Grundstreifen von 2.160 m² wurde dem Landwirt Alois Röbl abgekauft. In der Mitte des kleines Wäldchen war der Antrete- bzw. Appellplatz, um den sich rundherum die Baracken befanden. Der Antreteplatz, der heute im Gelände noch gut erkennbar ist, hatte ein Ausmaß von ca. 70 x 25 Meter. 1) Das RAD-Lager mit der Nr. 3/342 hatte in ihrem annähernd siebenjährigen Bestehen eine sehr wechselhafte Geschichte.

Nach Teilfertigstellung des Lagers, Anfang 1940, wurden die Arbeitsmänner, welche beim Bau des Lagers beschäftigt waren, abgezogen. An ihre Stelle kamen ca. 70 Arbeitsmaiden, von denen der größte Teil mit Ende März 1940 wieder in ihre Berufe oder in ihre weitere Berufsausbildung entlassen wurde. Dieser Abgang wurde jedoch bereits am 9. April wieder mit neuen Mädchen, die aus den Gauen Wien und Niederösterreich kamen, ergänzt. Durch diese neue Einberufung wurde der Lagerbestand um 2 Kameradschaften (das waren ca. 24 Arbeitsmaiden) vermehrt, sodass die Belegung des Lagers ab April 1940 einen Stand von ca. 90 Maiden aufwies. Die Mädchen wurden außerhalb des Lagers bei Landwirten auch in der Landwirtschaft eingesetzt. 2)

Nach dem Abzug der Maiden stand das Lager bis zum Frühjahr 1942 leer. Über den Sommer 1942 wurde eine Genesungskompanie des Reservelazarettes Freistadt nach Rainbach verlegt.3) Arbeitsfähige Soldaten dieser Kompanie wurden an umliegende Bauern zur Verrichtung landwirtschaftlicher Arbeiten zugeteilt, da der Genesungsfortschritt bei den Bauern besser war als im Lager, wo sie ja nur „herumsaßen“. Ein junger Mann arbeitete 1942/43 am Steinkellnerhof in Rainbach. Die Bauerneinsätze wurden von der Lagerleitung nicht vorgeschrieben, sondern wurden freiwillig geleistet. 4)

Nach Abzug der Genesungskompanie Mitte März 1943 war das Lager bis Kriegsende von jungen Männern belegt, die hauptsächlich militärische Ausbildung erhielten und jeweils 3 Monate später zur Wehrmacht einberufen wurden. Das Lager war 1943 stets mit ca. 200 Mann voll belegt.

Da im Lager trotz zweier Brunnen die Wasserversorgung für die große Belegschaft nicht richtig funktionierte und daher Wasserknappheit herrschte, musste eine Wasserkette aus den RAD-Männern gebildet werden, die das Wasser aus der ca. 400 bis 500 m entfernten Feldaist zum Lager beförderten. 5)

Auch die tägliche Morgenkörperpflege fand in der Feldaist statt. Es wurde daher vom Lager bis zum Abhang zur Feldaist ein ca. 200 m langer Weg angelegt und von dort bis zum Bach eine 1 m breite Stiege durch den steil abfallenden „Pilgerstorferwald“ errichtet. Beim Rückweg mussten die Männer in Alu-Wasserschüsseln Wasser mit in das Lager tragen.

Direkt neben dem Lager, und zwar östlich der Bundesstraße Rainbach – Freistadt, wurde von den im Lager stationierten Männern mit Spaten, Krampen und Rechen ein RAD-Übungs und Exerzierplatz errichtet. Dort wurde auch mit Übungshandgranaten geworfen. Außerdem wurde sehr großer Wert auf Leibeserziehung und Charakterschulung gelegt. 6)

Für Schießübungen wurde 150 m südlich der Bruckmühle, am Abhang zur Feldaist, eine ca. 6 x 3 m große Schießhütte mit 3 aufklappbaren Schießliegeflächen erbaut. Aus dieser Hütte wurden Schießübungen über die Feldaist auf den gegenüberliegenden Hang durchgeführt. 7)

Im RAD-Lager wurden Versuche gestartet, Kartoffelmieten auf dem Streifen links von der Zufahrtsstrasse, zwischen der Küchenbaracke und der Bundesstraße, anzulegen. Dies waren die ersten Versuche der Kartoffellagerung im Freien in unserer Gegend. Die Versuche waren jedoch nicht von großen Erfolgen, da bei der täglichen Entnahme in kalter Winterszeit viele Kartoffel frostgeschädigt wurden. 8)

Für die Bevölkerung von Rainbach und Umgebung wurden im Lager auch Veranstaltungen, wie Theateraufführungen, Kinderspielfilme und verschiedene Kurse abgehalten. So fand am Sonntag, den 19. Mai 1940, im schön geschmückten Speisesaal des RAD-Lagers, die von der Rainbacher Frauenschaftsleiterin J.G. veranstaltete Muttertagsfeier statt. Bei dieser Feier wurde vom Ortsgruppenleiter-Stellvertreter im Beisein des Bürgermeisters an 2 Mütter das vom Führer verliehene Goldene Ehrenkreuz samt Urkunde überreicht. Außerdem bekamen noch 14 kinderreiche Mütter das Ehrenkreuz samt Urkunde (5 davon das Silberne und 9 das Bronzene). Am 1. Sonntag im November des gleichen Jahres fand eine gut besuchte Volksversammlung im RAD-Lager stattt. Der weibliche RAD lud am Sonntag, den 23. November 1940, die Ortsbewohner in den Saal des Gasthauses Scherb zu einem Gesangsabend ein. Unter der Leitung der Lagerführerin L. T. und der Maidenunterführerin I .Z. gaben die Maiden verschiedene Lieder zum Besten. Dieser Gesangsabend fand infolge jeden Mittwoch im gleichen Lokal statt. Im Frühjahr 1943 beteiligte sich die männliche Belegschaft des RAD beim Straßenbau Rainbach – Labach. 9)

Der ehemalige Bürgermeister von Rainbach i. M., Josef Waldhauser, war im Jahre 1943 im RAD-Lager Rainbach in der Funktion eines Haupttruppführers tätig. Waldhauser war bei der Mannschaft sehr beliebt, da er „kein Schleifer und Schinder“ war. 10)

Die Fachlaufbahnen der Führer in den RAD-Lagern waren jeweils in drei Laufbahnen unterteilt: Die Untere Laufbahn reichte vom Dienstgrad des Truppführers, Obertruppführers, bis zum Unterfeldmeister. Die Mittlere Laufbahn reichte vom Feldmeister, Oberfeldmeister, bis zum Oberstfeldmeister und die
Obere Laufbahn, vom Arbeitsführer, Oberarbeitsführer, Oberstarbeitsführer, Generalarbeits- führer, Obergeneralarbeitsführer bis zum Reichsarbeitsführer.
Gründer des RAD war der spätere Reichsarbeitsführer Konstantin Hierl, Sohn eines Richters, geboren am 24. Februar 1875 in Parsberg in der Oberpfalz. 11)

Postkarte eines Jugendlichen, der vom RAD-Lager Mitterndorf in das Lager Nr. 3/342 Rainbach bei Freistadt verlegt wurde
„ Rainbach, den 18.3.1945.
Meine lieben Großeltern und Tante Anna.
Bin gut in Mitterndorf angekommen. Haben gleich die Verständigung bekommen, daß wiram gleichen Tage noch wegfahren müssen, weil das Lager schon überfüllt ist und zwar nach Rainbach bei Freistadt. Jetzt bin ich in Rainbach bei Freistadt wo es mir gut gefällt. Das Essen ist ganz prima. Nun muß ich Schluß machen, weil wir raustreten müssen.Richtig muß euch noch was wichtiges schreiben, dass wir 6 – 8 Wochen hier bleiben müssen und nachher der Wehrmacht überstellt werden. Wie es bei mir ist, weiß ich noch nicht.
Es grüßt euch euer Walter.“
Am 25. März 1945 schrieb Walter Sch. an seine Großeltern und Tante Anna einen Brief, aus dem auch der Tagesablauf der Jugendlichen zu entnehmen ist:

„Liebe Großeltern und Tante Anna!
Rainbach, den 25. März 1945

Am Anfang meines Schreibens seid Ihr herzlichst gegrüßt. Mir geht es sehr gut bis auf, was man überwinden muß. Wie geht es Euch, hoffentlich seid Ihr gesund. Liebe Eltern ich hätte eine große Bitte an Euch, - schicket mir Esswaren, wie zum Beispiel Mehlspeise, Bäckerei, Kuchen. Ganz gleich was, seid aber wegen dem selbst nicht geschmäht. Diese Sachen soll die Anna mir am nächsten Sonntag 1. April bringen nämlich da haben wir Ausgang. Liebe Eltern und Tante schreibet mir einmal, weil es ist immer erfreulich wenn man von Zuhause Post bekommt, schreibet bald. Schreibt mir von Zuhause. Nachrichten. Wo haben sie bombardiert? Wir haben heute einen kleinen Tieffliegerangriff aushalten müssen.

Jetzt muß ich Euch unseren Tagesverlauf schreiben: Um 6 Uhr früh müssen wir aufstehen, dann ist truppenweise waschen, nachher 1. Frühstück, dann Morgenappell, nachher bis
10 Uhr Ordnungsübungen, dann 2. Frühstück, nachher Waffenlehre bis 11 Uhr, dann Mittagessen, meistens dann Fliegeralarm, dann Sport bis um 4 Uhr, nachher Gewehrlehre bis 6 Uhr, dann 20 Minuten frei, nachher Abendessen, dann Stubenreinigung bis 8 Uhr, und dann ins Bett. Liebe Eltern kränkt Euch ja nicht, mir geht es sehr gut nämlich ich bin schon Ausbildungshelfer. Bring mir Ostereier Anna bitte.

Nochmal seid herzlichst gegrüßt von Eurem Walter

Liebe Eltern dass ich nicht vergesse vielen Gruß auch meinem Onkel und Tante.
Bussi von mir auch Heidi und Günther.“

Im RAD-Lager Rainbach war Walter Sch. jedoch auch nur kurze Zeit, denn am 6. April 1945 erhielt er den Befehl zur Abrüstung und kam sofort – ohne Urlaub – zum FLAK-RAD in Radl bei Linz. 12)
Mit Kriegsende löste sich dieser NS-Dienst auf und die Lager wurden vielfach für militärische Zwecke der Besatzungsmächte, für Flüchtlingsunterkünfte u. dgl. verwendet.

Das RAD-Lager in Rainbach erlitt ein ähnliches Schicksal. Im Sommer 1945 trugen die
Russen die Baracken ab, um sie in Rosenau (Nähe Holzmühle, St. Oswald b. Fr.) für ein „Russenlager“ neu aufzustellen. Reste des Lagers wurden von Bewohnern aus der Umgebung, wenn Bretter, Pfosten, Steine und Betonrohre der Wasserleitungen benötigt wurden, abgebaut und weggetragen. Baumaterial und Brennholz wurde nach Kriegsende dringend benötigt, herrschte doch überall Not und Armut. 13)

Heute stehen auf dem ehemaligen Gelände des RAD-Lagers sieben schmucke Ein- und Zweifamilienhäuser und lassen die Geschichte des Lagers in Vergessenheit geraten.


Text und weiteres auf http://www.waeschepflegemuseum.at/heimatgeschichte/heimatgeschichte/detailarticle.php?ID=213
 
#2

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josef

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Mitarbeiter
#3
Mike :danke für den Bericht!

Habe 2 Fotos vom Lager Rainbach im Archiv, leider seinerzeit keine Herkunft dazu vermerkt...

...und am 07.05. wieder rausgenommen, da ich keine Berechtigung zur Veröffentlichung habe => siehe Hinweis
Aus dem Nachlass von Josef Waldhauser(+) - Fotoarchiv der Marktgemeinde Rainbach i. M. (0680/2167484). Jedwede Veröffentlichung nur nach Rücksprache mit dem Leihgeber erlaubt.
in dem von @Zeitgeist angeführten Link im Folgebeitrag! Dort sind auch die Bilder zu sehen. Ich dürfte die beiden Fotos aus einer Veröffentlichung des O.Ö.Landesmuseums haben...?


lg
josef
 
Zuletzt bearbeitet:
#8
und hier aus meiner Sammlung

Bild gelöscht wegen copyright maker von eBay - otto 07.05.2013 13:22h
die Karte ist in meinem Besitz, nix Copyright.

Wenn auf (D)einem Bild der eBay-Nachweis zu sehen ist dann liegt das (c.) eben bei eBay. Wenn Du Bilder zeigen möchtest die Du ersteigert hast, dann scann die bitte ein oder fotografier sie ab, also OHNE das (c.) von eBay - und wir bleiben Freunde - oder die Bilder fliegen diesmal kommentarlos raus - Punkt & Ende!
otto - 10.05.2013 08:45h
 
M

MadMax690

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#9
Russenlager Rosanau

Hallo Zusammen,
in diesem Verlauf wurde das Russenlager Rosenau im Gemeindegebiet St. Oswald bei Freistadt angeschnitten.
Kann mir zufällig jemand mehr davon sagen, da ich im Internet kein Infos darüber erhalte.
Ich würde mich sehr dafür interessieren und bin für jede Info dankbar!
Lg
Max
 
M

MadMax690

Nicht mehr aktiv
#12
Guten Tag
hat zufällig jemand Unterlagen, Skizzen, Fotos, ... vom Russenlager in Rosenau? Welche Benennung hatte es tatsächlich, ...?
Meine Großmutter stammt direkt von Rosenau und hat mir oft von den Baracken und Pferdestallungen erzählt, jedoch konnte ich mir nie richtig ein Bild darüber machen wie was wann und wo.
Danke für eure Unterstützung.
LG
 
#13
Russenlager

Guten Tag werte Forumskollegen!
Erst kürzlich (das beinhaltet einen Zeitraum von bis zu 2,5 Jahren) gab es in Freistadt eine Ausstellung über das "Russenlager".
Persönlich war ich doch etwas enttäuscht, denn von den unzähligen Fotografien die über diese Thema vorhanden sind (JA, es gab dort STANDFOTOGRAFEN!) wurden nur wenige ausgestellt.
Dazu noch ein Löffel, ein paar (KuK) Orden und fertig war die Ausstellung.
Ehrlich gesagt war ich mehr als enttäuscht, was da mit meinem Stuergeld auf die Beine gestellt wurde.
Aber es ist halt alles nur eine Frage des Blickwinkels...

Nix für ungut.

Kameradschaftliche Grüße!
Reiter
 
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