FAn
Hallo @Steppenwolf,
habe gerade gesehen, dass @Charioteer und @cerberus9 zwischenzeitlich sehr fundierte Beiträge zum Thema eingebracht haben! Nun mein eher theoretischer Beitrag dazu:
Wobei es mich doch ein wenig verwundert, das hier so lang und breit über die FAN geschrieben und geplaudert wird, aber kein Mensch auch nur annähernd genaue Maße kennt
Ganz einfach, diese Anlagen unterlagen der höchsten Geheimhaltungsstufe, sowohl von der örtlichen Lage als auch von der Ausführung. Sicher wussten Teile der Bevölkerung, dass es in ihrer näheren Umgebung solche Sperranlagen gab, man sah ja speziell im Winter die „Bienenhütten“ oder „Gartenhütten“, aber genaueres war nicht bekannt! Weiters gab es ja noch Scheinanlagen, die sich äußerlich nicht von den „bestückten“ Fan unterschieden... Die Wandstärken der unterirdischen Teile schätze ich zwischen 20 – 30 cm Stahlbeton. Die von @Gusis bereits beschriebenen Räume im Bunker waren ja ohnedies, je nach Gelände und Bodenbeschaffenheit, etliche Meter unter der Erdoberfläche. Oberirdisch war ja nur der Panzerturm.
...das die Anlagen nur dazu gedacht sein sollten, 15 Schuß oder so, abzugeben, bis sie niedergekämpft waren…
Das Problem liegt darin, dass sich manche unter den Sperrstellungen/Fan des ÖBH gewaltige Festungsanlagen wie sie in der Schweiz errichtet wurden oder große Festungs- und Bunkerlinien wie Maginotlinie, West- oder Atlantikwall vorstellen. Dem ist nicht so! Dazu muss man die Aufgabenstellung und Ausrichtung des ÖBH von den 70iger Jahren bis Ende des „Kalten Krieges“ kennen. Fakt war, dass in den 60iger Jahren auf Grund der geringen und veralteten materiellen Ausstattung des damaligen Heeres und der Gliederung nach Vorbild der Nato-Großverbände jeder Aggressor das ÖBH binnen Stunden aufgerieben/zerschlagen hätte! Bei der legenderen „Panzerschlacht im Marchfeld“, einer voll panzergängigen Ebene an der Ostgrenze Österreichs, wären die 3 Panzergrenadierbrigaden des ÖBH von den Panzerdivisionen des Warschauer Paktes in Grund und Boden gewalzt worden. Die verbleibenden Infanterie(Jäger)-brigaden hätten den Durchmarsch entlang der Donaulinie Richtung Westen => Bayern bzw. nach Italien nicht verhindern können. Die Einführung einer Wehrdienstverkürzung Anfang der 70iger Jahre löste heftigste Diskussionen aus und führte zu einer Heeresreform.
Die Grundlage bildete die vom damaligen Armeekommandanten General Spannocchi entwickelte
„Raumverteidigung“ mit
„Raumsicherungszonen“ und
„Schlüsselzonen“. Dabei ging es nicht um die Schaffung einer durchgehenden, breiten und starren Front, sondern um die nachhaltige Schwächung des Angreifers und Zeitgewinn durch viele kleine Einzelgefechte entlang dessen Vormarschweges =>
„Taktik der Tausend Nadelstiche“. Das Bundesgebiet wurde dabei in Raumsicherungszonen und Schlüsselzonen eingeteilt.
Raumsicherungszonen wurden vorwiegend in den panzergängigen Landesteilen, angenommenen Bewegungsräumen und in grenznahen Bereichen angelegt. Hier
galt es, den Bewegungsdrang eines Aggressors zu bremsen bzw. auch in bestimmte Richtungen zu kanalisieren um dann in strategisch besser gelegenen Gebieten auf
Schlüsselzonen zu treffen, die zur
nachhaltigen Verteidigung eingerichtet waren. Sollte der Angreifer, sicher geschwächt, eine Schlüsselzone durchbrechen, musste er wieder durch eine folgende Raumsicherungszone mit beweglichen Landwehr- und Jagdkommandokräften und stieß mit Sicherheit auf die nächste Schlüsselzone. Bei allen diesen Planungen wurden die natürlichen Geländeverhältnisse mit einbezogen.
Mit anderen Worten gesagt, das ÖBH nutzte die für den Verteidigungsfall günstige Berg- und Gebirgsstruktur der österreichischen Landschaft zum Ausgleich für fehlendes Material und geringe Truppenstärke… Die Warschauer-Pakt-Truppen währen in Österreich mit ganz anderen Geländeverhältnissen konfrontiert gewesen als z.B. bei einem Angriff Richtung Atlantikküste in D, B oder NL. Beim geplanten Vorstoß der „Südwestfront“ des WP aus dem ungarischen Raum nach Norditalien/Poebene über Österreich hätten sich die Panzermassen im Kolonnenverkehr durch die engen Gebirgstäler und Alpenübergänge quälen müssen, ohne sich in die "Breite des Raumes" entfalten zu können! Die Pz-Kanonen und sonstigen Pz-Bekämpfungsmittel der an den Talflanken geschützt installierten Anlagen hätten da schon einige Erfolge erzielen können... Dies bestätigten nach der "Wende" auch "hohe ungarische Militärs", welche die ihren Truppen im Ernstfall zugedachten Angriffsräume in der Steiermark und Kärnten besichtigten!
…oder stärkere Streitkräfte (woher?) da wären…
In den Raumsicherungszonen operierten die „leichten Landwehrbataillone“, Jagdkampfkräfte, Sperrtruppen. In den Schlüsselzonen wurden „raumgebundene Landwehrbataillone“ und Sperrtruppen durch Panzer- und Infanteriekräfte der Panzergrenadier- und Jägerbrigaden verstärkt.
Waren dies Anlagen in der Lage sich gegenseitig zu decken?
Ja, Sperren in Raumsicherungszonen bestanden meist aus 3-er Gruppen. 2 Fan relativ auf engen Raum, 1 Anlage weiter weg, oder 2 auf einer Talseite, 1 Anlage am Gegenhang. War aber meist individuell den Gegebenheiten vor Ort angepasst. In den Schlüsselzonen war die Anzahl der FAn oft weit größer, z.B. in Tälern oft viele Anlagen auf etliche Kilometer verteilt an den Hängen. Die Zieläume-/Felder waren natürlich genau vermessen.
waren es einzelne Kleinstwerke, die völlig allein auf sich gestellt, dem sicheren Untergang geweiht waren?
Wie schon vorhin geschrieben, bildeten mehrere FAn => genaue Bezeichnung „Panzerabwehrkanonengruppe in Fester Anlage“ PAKGrp/Aan einen „Sperrzug“. Zur Außenverteidigung der Fan wurden Jäger und Panzerabwehrrohrgruppen (M66 Carl Gustav) eingesetzt.
Wie überall gab es natürlich auch Ausnahmen/Sonderregelungen/Sonderbauten… meine Ausführungen beziehen sich auf die meistverwendete Form => „Centurion-Turm mit 10,5 cm Pz-Kanone“.
Lg
josef